Cockatoo calling.

Die Anzeige auf Gumtree (ein Art Australisches Pendant zu eBay, auf dem verkauft, getauscht, gehandelt und auch Jobs angeboten werden) war kurz: „Aushilfe für Eisdiele auf Hamilton Island gesucht. Für mehr Informationen E-Mail mit Lebenslauf an … “ Mit einer Antwort auf meine Bewerbung hatte ich kaum gerechnet, als an einem Samstagmorgen (ich war gerade in einem Laden und entsprechend unvorbereitet) mein Telefon klingelte: „Hallo hier ist Lynn  – ich rufe an wegen der Stelle auf Hamilton Island. Wie geht’s?“ Kurz erklärte mir Lynn, worum es ginge, gab mir erste Eckdaten zum Job und versprach, sich spätestens am Montag mit einer Entscheidung wieder bei mir zu melden. Ich war aufgeregt: Die Aussicht, eventuell auf einer Insel mitten im Great Barrier Reef wohnen und arbeiten zu können, war überwältigend – und noch nie fühlte sich ein Sonntag so unendlich lang an. Dann die erlösende Mail. Wenn ich wollen würde und noch nichts anderes gefunden hätte, könnte ich in der nächsten Woche anfangen, die Bezahlung sei so und so hoch und die Unterkunft koste so und so viel. Ich solle mich bitte schnellstmöglich melden. Meinen Flug auf die Insel buchte ich noch am selben Tag.

Keine Woche später fand ich mich auf Hamilton Island wieder: 26 Grad, azurblaues Wasser, Kakadus wohin man schaut. Don (neuer Chef, Inhaber der Eisdiele und Ehemann von Lynn) holte mich mit dem Golfbuggy (richtige Autos gibt es auf der Insel nur wenige) ab und brachte mich zu meinem neuen Zuhause – einem kleinen Reihenhaus, das ich fortan mit meinen zwei Kolleginnen teilen würde. Schon morgen solle ich anfangen, sagte Don; bis dahin aber erst einmal gut ankommen und ein wenig die Insel erkunden. Alisha (Kollegin und Mitbewohnerin) zeigte mir fix den Weg in die Stadt und zog dann selbst weiter. Viel zu sehen gab es nicht: Eisdiele (neuer Arbeitsplatz), kleiner Supermarkt, Bäcker und ein paar Restaurants und Cafés – meine Besichtigungstour dauerte keine zehn Minuten. Mit ein paar Einkäufen im Gepäck machte ich mich wieder auf den Weg zurück zur Wohnung. Nach über einem Jahr Leben aus dem Rucksack konnte ich endlich meine wenigen Habseligkeiten in richtigen Schränken verstauen und meine zwei, drei Bücher hübsch auf dem Nachttisch arrangieren.

Am nächsten Morgen stand ich Punkt neun Uhr im Hinterraum der Eisdiele. Nachdem Don mit mir die Formalien durchgegangen war (Steuernummer, Mietvertrag etc.) zeigte er mir das Wichtigste in Sachen Eisdiele: hier würden die Boxen mit dem Eis aufbewahrt, dort die Waffeln und dahinten gibt es dann noch die Getränke. Anfangs hatte ich (vielleicht ein wenig naiv und zu optimistisch) noch gedacht, wir würden das Eis selbst herstellen. Schnell wurde ich eines Besseren belehrt: Das Eis, das ich künftig verkaufen würde, stammt aus dem Hause Nestlé und wird für Preise fernab jeglicher Realität ($ 6.30 die Kugel) unter die Urlauber gebracht. Job ist Job und für Idealismus fehlten mir gerade Kraft und Zeit. Lynn und Don sind zudem zauberhaft und nur selten in der Eisdiele – die Arbeit ist (vielleicht gerade deshalb) meistens ziemlich entspannt. Und die Kolleginnen sind auch nett (auch wenn wir nicht immer unbedingt auf einer Wellenlänge liegen). Lynn spricht sogar ein paar Brocken deutsch und versucht, mit mir zu üben.

Wenn ich nicht gerade in der Eisdiele bin, suche ich mir meistens am Strand ein kühles Fleckchen im Schatten – inzwischen sind es tagsüber selten weniger als 31 Grad. Mit ein bisschen Glück schwimmt dann eine kleine Schildkröte in der Nähe des Strandes und steckt ihren Kopf aus dem Wasser. Auf dem Nachhauseweg begegne ich nicht selten einem Wallaby (die kleinen Verwandten der Kangaroos) samt Baby, das zaghaft seinen Kopf aus Mutterns Beutel steckt. Am Himmel drehen die Kakadus fleißig ihre Runden. Freue ich mich tagsüber noch, wenn einer der weissen Vögel mit dem gelben Kamm auf meinem Balkon für eine kurze Rast hält, würde ich sie in der Nacht am liebsten alle verjagen. Selten habe ich einen Vogel so laut und inbrünstig schreien gehört wie einen Kakadu – dagegen waren die Hähne auf Rarotonga nichts. Und trotzdem mag ich Hamilton Island: Ich habe hier viel Zeit für mich, genieße die Wärme und Schönheit der Natur. Das Leben ist hier weniger hektisch, etwas abgeschieden und dank der Vögel vor allem eins: bunt.

 

 

 

 

Kommentar verfassen