
07:30 Uhr Der Wecker klingelt. Noch vor ein paar Tagen genoss ich den Ausblick aus meinem Auto – im Tal sammelt sich der Nebel, die Sonne blitzt ganz langsam und vorsichtig zwischen den Vorhängen durch. Inzwischen wohne ich in einem richtigen Haus. Arbeitskollegin Sara und ihr Mann Phil haben mich aufgenommen. Noch immer sucht sich die Sonne ihren Weg durch die Vorhänge. Nur, dass die jetzt bodentief sind. Die Luftmatratze im Auto tauschte ich gegen ein Doppelbett mit Heitzdecke (inzwischen bitter nötig – die Nächte sind kalt und werden länger). Das Aufstehen fällt zunehmend schwerer.
07:45 Uhr Ich schaffe es, mich aus dem kuschlig warmen Bett in die Kälte des Zimmers durchzuschlagen. Anziehen, Zähneputzen, Butterbrot schmieren: Der Start in den (Arbeits)Tag sieht auch über 15.000 Kilometer von Zuhause entfernt nicht soviel anders aus.
09:00 Uhr Arbeitsbeginn. Die große Halle, in der später Gemüse und Obst verkauft werden, muss auf Vordermann gebracht werden. Fegen, Regale einräumen und erste Kunden bedienen gehören genauso dazu wie Eismaschine startklar machen, kurz mit Chef Stephen plaudern und Musik für den Tag auswählen.
12:00 Uhr Mittagspause. Als ich Mitte Februar anfing, war es an manchen Tagen schwierig, überhaupt eine Pause einzulegen – der Laden brummte und jede helfende Hand wurde benötigt. Inzwischen ist es ruhig geworden, der Herbst lässt nur noch wenige Obstsorten wachsen, die Kunden bleiben lieber Zuhause. Die Mittagspause dauert manchmal sogar länger als die üblichen 30 Minuten.
15:30 Uhr Am Nachmittag ist häufig am meisten los. Viele haben jetzt Feierabend und halten auf dem Weg zurück nach Hause nochmal kurz im Laden an.
17:30 Uhr Feierabend. Zumindest beinahe. Leicht erschöpft vom Tag hole ich die Schilder rein, fange an, die Eis- und Kaffemaschine zu säubern und den Kunden klar zu machen, dass das mit dem Eis für heute nichts mehr wird. Die traurigen und enttäuschten Gesichter stellen mich manchmal auf eine harte Probe – doch die Aussicht auf den baldigen Feierabend lässt mich standhaft bleiben. Knapp 45 Minuten dauert es, bis die Toilette gesäubert ist, die riesigen Obstkontainer im Kühlhaus verstaut und die Tore geschlossen sind.
18:30 Uhr Ankunft bei Sara und Phil. Schnell werden noch die am Tag benutzten Geschirrtücher in die Waschmaschine gehauen, befor es zum gemütlichen Teil des Tages übergeht – Wein und Abendbrot. Weil wir häufig erst spät essen, gibt es zur „Überbrückung“ Käse, Cracker und selbstgemachtes Kirsch-Chutney.
20:30 Uhr Abendbrot – oder „tea“, wie Sara es liebevoll nennt. Von Kürbissuppe über Lammbraten bis hin zu Rotkohl oder Spätzle (ein bisschen deutsche Küche bringe ich an meinen freien Tagen mit ein): Jeden Abend wird etwas anderes zubereitet. Phil ist (leider) etwas wählerisch und von neuen Gerichten nur schwer zu überzeugen. Das hält Sara allerdings nicht davon ab, auch ungewöhnliche Kombinationen auszuprobieren.
22:00 Uhr Schlafenszeit. Müde und erschöpft falle ich in mein vorgewärmtes Bett (ich liebe diese Heizdecke ungemeint). Kurz surfe ich im Internet, lese noch ein, zwei Seiten oder höre mir ein Hörbuch an – für mehr reicht die Energie nur selten. In neun Stunden muss ich schließlich wieder fit sein.