Die Phantasie wird siegen.

Meine Trefferquote, Landsleute nur anhand ihres Aussehens auszumachen, ist erstaunlich hoch – in 90 Prozent der Fälle liege ich richtig, schätzungsweise. Für Apolo, Lockenkopf aus Mexico und Reisebegleitung für den Norden Coromandels, ist das nur schwer zu verstehen: “Aber die Leute haben doch noch nicht einmal gesprochen.” Müssen sie auch gar nicht – so pragmatisch wie wir kleiden sich nur die wenigsten Nationen.

North Coromandel: Noch einsamer als Northland, wo ich bereits Ende Juli unterwegs war. Am bezeichnendsten ist wohl Colville – ein Tante Emma Laden mit eigener Merchandise-Ecke, ein Tennisclub, drei, vier Häuser und Schafe, unendlich viele Schafe.

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Auch auf unserem ersten Campingplatz: keine weiteren Gäste, dafür Unmengen an Schafen. Und Kühen. Gelegentlich. Und Enten, ich sollte die Enten nicht vergessen.

Von Fletcher Bay aus machten wir uns an Tag drei zu Fuß auf den Weg Richtung Stony Bay. Eigentlich sollte der Coromandel Costal Walk 3 ½ Stunden dauern, one way. Apolo und ich brauchten eine Stunde weniger. Entlang der Küste ging es zunächst über eine Schafweide und später durch den Wald, insgesamt zehn Kilometer über Stock und Stein. Nach gut der Hälfte der Strecke ermutigten uns kleine Notizen, von anderen Wandern auf Blättern hinterlassen, durchzuhalten. Inzwischen hatte es angefangen, zu regnen – unsere Mittagspause unter einem der großen Bäume am Strand in Stony Bay fiel daher etwas länger aus; nach gut einer Stunde machten wir uns auf den Rückweg, mit langsam aufklarendem Himmel. Mit Sonne ist der Track nochmal um einiges schöner: Das türkisblaue Wasser und die vielen vorgelagerten Inseln konnte man jetzt erst richtig erkennen.

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regennass.
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Noch am selben Nachmittag fuhren wir wieder südwärts; der Campingplatz in Port Jackson, direkt am Strand hinter den kleinen Dünen gelegen, bot uns für zwei Nächte Unterschlupf. So hatte ich Zeit, meine Vorhänge fürs Auto zu nähen und mich ein bisschen von der vielen Fahrerei über die Schotterpisten zu erholen. Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum das Tempolimit hier bei 100 km/h liegt: Selbst bei 30 hatte ich manchmal Probleme, auf den engen Straßen nicht ins Rutschen zu geraten. Von den vielen Kurven bergauf und bergab fange ich besser gar nicht erst an. Aber es muss auch eine Frage der Gewöhnung sein. Nicht selten kamen uns Autos mit rasantem Fahrstil entgegen.

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Unser nächstes Ziel hieß Waikawau Bay: wieder direkt am Strand, mitten im Nirgendwo und unglaublich schön. Kaum zurück vom Strandspaziergang kam schon eine Camperin auf uns zu. Sie und ihr Mann hätten am Morgen einen zu großen Fisch gefangen – es sei noch was übrig, bereits filetiert und fertig für die Pfanne; ob wir denn nicht etwas haben wollen würden, fürs Abendbrot. So guten Fisch habe ich lange nicht gegessen.

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Am Freitag ging es dann über Coromandel Town und New Chum’s Beach (laut Lonely Planet einer der schönsten Strände des Landes) zurück nach Wilderland. Apolo musste sein Auto abholen und ich hatte mich noch für den selben Tag mit Freunden in Auckland verabredet. Der endgültige Abschied von diesem wunderbaren Flecken Erde war gar nicht so einfach. Die vier Wochen gemeinsame Gartenarbeit haben verbunden. Die Ruhe, Entspannung und Magie des Ortes sind besonders und nur schwer los zulassen. Noch nie zuvor habe ich zum Beispel an einen “spring blessing” (als Blumenmädchen alle Häuser auf den Frühling vorbereiten) teilgenommen oder einen Bienenstock von innen sehen dürfen. Und die Herzlichkeit der Menschen vermisse ich jetzt schon.

Beinahe hätte ich es vergessen: Cathedral Cove und Hot Water Beach, zwei Strandhighlights ganz in der Nähe von Wilderland, habend wir zwischen Farmarbeit und Community-Leben auch noch besucht. Es ist schon sehr unterhaltsam, mit wieviel Hingabe Menschen Löcher in den Strand buddeln, nur um ein warmes Bad nehmen zu können. Klar haben wir mitgemacht. Die richtige Stelle zu finden, ist allerdings nicht so einfach: Schnell verbrennt man sich Po, doch nur fünf Zentimeter weiter sind Wasser und Erde so kalt, dass man am liebsten die elektrische Heizung anschmeißen wollen würde.

cathedral cove: coralie, apolo, stephie.

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