Die Schokoldenseite des Reisens.

Eigentlich ist es hier unten auf der Südinsel nicht so viel anders als oben auf der Nordinsel. Und doch fühlt es sich ein bisschen so an, als würde ich nun ein ganz neues Land bereisen.

Nach meiner verspäteten Ankunft in Picton (Das Be- und Entladen der Fähre hat insgesamt länger gedauert als geplant. Vielleicht auch deshalb, weil alle, die so wie ich auch mit ihrem Auto über Deck parkten, ihre Gefährten erst einmal von tonnenweise Salzwasser befreien mussten.) machte ich mich direkt auf den Weg Richtung Malborough Sounds und Queen Charlotte Drive, einer ziemlich kurvigen, engen Straße, die durch ihre wunderbare Aussicht auf die Sounds besticht. Endlich auf dem Campingplatz angekommen, gab’s nach der langen Reise zum Abendbrot Fish & Chips, Glowworms und die erste Dusche nach Tagen. Am nächsten Morgen durchforstet ich das Internet: Irgendwo musste es doch Arbeit geben, auch wenn es erstmal nur für Unterkunft sein würde. In Nelson wurde ich fündig. Schnell klärte ich am Telefon die wichtigsten Details, schon zwei Tage später konnte ich im Tasman Bay Backpackers meine Stelle als Putzhilfe antreten.


In Nelson angekommen, nahm mich Hostel Manager Uli herzlich in Empfang, zeigte mir meine neue Bleibe für die kommenden Wochen und erklärte mir kurz, was mich am nächsten Tag erwarten würde. Und, dass ich auf keinen Fall den Schoko-Pudding am Abend verpassen dürfe – es ist wirklich schwer, dieser Köstlichkeit zu widerstehen, wenn sie Abend für Abend Punkt acht Uhr ofenfrisch mit einer Kugel Vanilleeis serviert wird. Den Rest des Tages nutze ich, um die Stadt zu erkunden, einzukaufen und Naomi aus Reglan wiederzusehen.

Als Neuankömmling darf man machen, was alle anderen nicht mögen: Bad putzen. Zum Glück bekam ich für den ersten Tag Hilfe, ansonsten hätte ich auch noch Staubsaugen müssen. Nach gut 2 ½ Stunden Arbeit gehörte der verbleibende Tag mir – insgesamt also kein so shlechter Deal.

Die meiste Zeit hier in Nelson verbrachte ich putzend und Betten machend im Hostel, lesend am Strand, in den Parks der Stadt oder dösen in der Hängematte im Hostel. Der Mittwoch und Samstag gehörten dem Markttreiben – frische Produkte aus der Region, ein Bradwurststand aus Deutschland und allerlei Handgefertigtes boten eine nette Abwechslung zum Supermarktalltag. Außerdem konnte ich so endlich wieder gute Dinge kochen: Gnocchi, Möhrenrisotto, selbstgemachte Fladenbrote.

An meinem ersten Wochenende fand im Founder’s Park unweit vom Hostel das “Evolve Festival” statt: Eine angenehme Mischung aus Hippie Kultur, Musik, Folklore, Workshops gepaart mit ein bisschen Esoterik. Beim Yoga Nidra Workshop ließ es sich trotz der 30°C im Schatten wunderbar entspannen. Die Musik und Showeinlagen boten zwischendurch gute Unterhaltung. Am Abend lernte ich beim Chai (ein Getränk aus Schwarze, Milch, Zucker und einer speziellen Gewürzmishung) zwei nette Jungs von der Golden Bay kennen. Gemeinsam schauten wir uns “Deya Dova” aus Australien an, deren Musik ziemlich mitreißend war.

Während es unter der Woche in Nelson nicht allzuviel Aufregendes zu erleben gibt und ich dem Alltagsleben frönen konte, bot sich an meinem zweiten Wochenende in der Stadt wieder die Möglichkeit, aktiv zu werden. Für das Buskers Festival wurde ein Teil der Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt, sodass Jung und Alt ungestört die Straßenkünstler bestaunen konnten.

Am Samstagabend erkundete ich mit Leuten, die ich im Hostel kennengelernt hatte, nach längerer Pause das Nachleben Neuseelands. Der Morgen danach und das Putzen der Bäder war allerdings weniger spaßig als die Zeit in den Bars … Um der kleinen Mietzekatze, die sich auch nach der Arbeit noch nicht vollständig verabschiedet hatte, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, fuhren wir am Nachmittag zum Strand – schlafend tauschte ich Katze gegen Sonnenbrand.

Montagmorgen Punkt acht Uhr hieß es Abfahrt: Meinen freien Tag wollte ich gemeinsam mit Megan, Agnete und Kathrine im Abel Tasman National Park verbringen. Dort angekommen, entschieden wir uns spontan, für 40$ das Wasser Taxi zur Bark Bay zu nehmen, um dann gut 24 Kilometer zum Startpunkt/Auto zurück zulaufen. Vom Wasser aus sahen wir kleine Baby Robben, Stachelrochen und Strände, die genauso gut in der Karibik liegen könnten. Der Weg führte vorbei an Buchten und durch Schatten spendenden Wald. Nach einem Drittel Weg stoppten wir in Torrent Bay für eine Mitagspause. Anschließend waren Jen und Dave aus Christchurch so nett, uns einen Lift in ihrem Segelbot zu geben – durch die Flut wäre das low tide crossing zur Anchorage Bay nur noch mit Wasser bis zum Hals möglich gewesen. Und auf die zusätzlichen sechs Kilometer Alternativroute über Land hatte irgendwie keine von uns Lust. Kurz vor dem Ziel legten wir noch einmal eine kurze Badepause in der Solwet Bay ein, um nach knapp sieben Stunden Wanderung erschöpft aber glücklich am Auto anzukommen.

Am Dienstag zieht es mich schließlich weiter – ganz in den Süden nach Roxburgh. Eine Freundin will wieder reisen und suchte für sich eine Nachfolgerin für die Arbeit in einem Café. 600 Seelen leben in der kleinen Stadt in Central Otago und ich werde bald eine von ihnen sein. Glücklicherweise sind meine Schokovorräte dank des Päckchen von Zuhause wieder aufgefüllt – die knapp zehn Stunden Fahrt dürften damit wie im Flug vergehen.

Kommentar verfassen