
Lange wollte ich es nicht wahr haben, zu süß waren die Früchte des Sommers. Stück für Stück nahm sich der Winter, was ihm gehörte. Erst waren es nur die Blätter der Bäume, später die langen Tage mit Sonnenlicht. Ganz sanft hüllte er Berge in Schnee, ließ Eisblumen an Fenstern wachsen und die Schornsteine immer häufiger rauchen.
Über Mt Cook (den die Maori Aoraki nennen, ist mit 3724m der höchste Berg Neuseelands) führte mich meine Reise wieder ein Stück südwärts. In Wanaka spazierte ich am See entlang, wanderte zum Roy’s Peak (mit knapp 1600m thront der Berg gemeinsam mit anderen als Bergkette südlich der Stadt und bietet einen atemberaubenden Blick über den Lake Wanaka) und traf spontan Domenic wieder, mit dem ich ein paar Monate zuvor gemeinsam den Whanganui River entlang paddelte.
Mit Wanaka war ich noch einmal ziemlich dicht am Routeburn Track – und es juckte mir gewaltig in den Füßen. Im DOC Information Centre (Department of Conservation, die Neuseeländische Naturschutzbehörde) informierte ich mich über die Wetterkonditionen und machte mich kurzentschlossen auf den Weg zum Startpunkt nach Glenorchy, um zumindest einen Teil des Tracks zu laufen. Denn obwohl die Wanderung eigentlich nur 32km lang ist, liegen zwischen Anfangs- und Endpunkt 350km Autostrecke und im Winter ist es schwer, hierfür den Transport zu organisieren. Mehr Essen packte ich zur Sicherheit trotzdem ein. Denn einmal unterwegs ist es schwer, wieder umzukehren – zumal Wetter und Landschaft grandios waren. Und so lief ich und lief ich und lief ich: die kompletten 32km, über Schnee und Eis, vorbei an halb gefrorenen Wasserfällen, bergauf und bergab, immer der Sonne entgegen. Und am Ende schaffte ich es wohlbehalten zurück zu meinem Auto – trotz der 350km zwischen uns.
An der Westküste auf dem Weg gen Norden hielt ich am Lake Hawea, bestaunte Gletscher aus der Ferne, aß ein Whitebait-Omlet und genoss das Rauschen des Meeres. Am Arthur’s Pass war es zum ersten Mal so kalt, dass ich am Morgen Eis von den Scheiben meines Autos kratzen musste – improvisiert mit der Kreditkarte. Die in Schnee und Eis gehüllte Landschaft ließ die Kälte bei strahlendem Sonnenschein allerdings schnell vergessen.
Im Zick Zack bahnte ich mir meinen Weg weiter in Richtung Norden: In Hanmer Springs entspannte ich unter freiem Himmel in den heißen Thermal Pools, in St Arnaud verbrachte ich die wohl kälteste Nacht in meinem Auto (mitten im Nationalpark gibt es leider nicht ganz so viele Hostels), auf dem Mt Robert Circuit Track überblickte ich die Nelson Lakes und in Nelson guckte ich in meinem alten Hostel vorbei.
Ein bisschen geärgert habe ich mich schon, dass ich nicht schon im Sommer bis hoch zur Golden Bay und nach Takaka gefahren bin. Doch auch im Winter sind die Strände traumhaft; das Wetter stand, abgesehen von den Temperaturen vielleicht, dem im Sommer nichts nach. Vier Tage ließ ich im sehr entspannten Takaka die Seele baumeln, besuchte die Pupu Springs (mit 63m Sichtweite eines der klarsten Binnengewässer der Erde), fuhr zum Farewell Spit (nördlichster Punkt der Südinsel) und lief den nördlichen Teil des Abel Tasman Coastal Tracks.
In Picton musste ich eine kleine Zwangspause einlegen. Die Mandeln waren mal wieder entzündet. Einen Arztbesuch und sechs Tage im Bett später ging es endlich weiter: In Kaikoura traf ich ein letztes Mal auf Apolo und in Akaroa, unweit von Christchurch, realisierte ich so richtig, dass meine Tage in Neuseeland gezählt sind.